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Berlin Hohenschönhausen, Stasigefängnis

Für heute ist der Besuch des ehemaligen Stasigefängnisses Hohenschönhausen vorgesehen. Das Wetter ist so richtig passend: es ist grau, windig und bitterkalt.
Wir sind gegen 10.50 h dort und können somit an der Führung teilnehmen, die um 11 Uhr beginnt. Bei der Anreise durch Hohenschönhausen weist eigentlich noch nichts weiter auf das Gefängnis hin, später erfahren wir jedoch, dass die dortigen Plattenbauten sowie auch die Luxusherbergen am Obersee ein einziges großes Stasighetto darstellten – und dass sich daran auch heute noch nicht wirklich all zu viel geändert hat.
Die Führungen werden von ehemaligen Häftlingen übernommen, was das Ganze noch bedrückender erscheinen lässt. Wir bekommen eine Einführung im Informationscenter, dort befinden sich auch Stasi-Exponate wie Fesselungsinstrumentarien, Vernehmungsprotokolle, z.B. auch von Erich Mielke, Uniformen etc. Wir werden von Erhard Neubert begleitet, der uns im Laufe der Besichtigung seine Lebens-, oder besser: Leidensgeschichte berichtet.

Zunächst führt er uns in den Folterkeller, wo zu Stalins Lebzeiten, also bis 1953, die Häftlinge noch physischer Gewalt ausgesetzt wurden, um ihre Geständnisse zu erzwingen. Massenhaltung auf engstem Raum, Stehpflicht, keine Toiletten, nur Eimer, chinesische Wasserfolter, Nasszellen  … länger als ein paar Tage hielt es dort niemand aus, am Ende unterschrieben alle – nicht wissend, was sie überhaupt unterschrieben, da alles in kyrillischer Schrift ausgestellt war. Von dort ging es in die Arbeitslager … Viele haben nichtmal das mehr lebend erlebt. Wohl auch besser so.

Wir wenden uns von dort aus dem Gefängnis 2 zu, hier wurde dann psychisch gefoltert – Schlafentzug, Abschottung von anderen Gefangenen, Orientierungslosigkeit, Vergewaltigungen etc., um nur einige Schreckensszenarien zu erwähnen. Man kann sich diese Informationen auch im Internet besorgen, auch youtube liefert viele Schilderungen dieser Art.

Der dritte Abschnitt war den Verhörzimmern gewidmet, hier berichtet Herr Neubert von seinen damaligen Erlebnissen, ich bekomme jedoch keinen Platz mehr im Raum und verstehe draußen leider nicht alles, lese daher in Auszügen seine Stasiakte. Ich glaube, hier muss man auch nicht alles verstehen. Wer – wie ich – den Film „Das Leben der Anderen“ gesehen hat, versteht hier auch ohne genaue Schilderungen … ich finde sogar eine Notiz, in der erwähnt wird „Moldenhauer, Ermordung durch die Stasi 1981“ … und bin total schockiert. Wie muss sich das anfühlen, seine eigene Stasiakte zu lesen? Kann man da jemals noch Vertrauen???

Den Abschluss bildet der Gang in die „Freizelle“. Man stelle sich einen Käfig mit äußerst grob strukturierten Wänden vor (was Klopfzeichen verhindern sollte, denn sämtlicher Kontakt zu Mitinsassen war ja verboten, es sei denn, man hatte eine Zweierzelle), oben vergittert, erlaubt war nur Stehen – kein Sport, nichts. Oben ein bewaffneter Stasimann, der den Häftling überwachte – das war wohl absolut erniedrigend – wie ein Tier in einer Zelle. Man hatte mehr oder minder nur Gelegenheit, einmal den Himmel zu sehen.

Wir unterhalten uns noch im Anschluss an die Führung mit Herrn Neubert ein wenig, er hat erst vor 8 Jahren seinen Zusammenbruch gehabt und hat sein Trauma für sich im Laufe seiner Behandlung verarbeitet. Seit 2009 macht er die Touren mit. Wir verlassen das Gelände und sind schon nachdenklich, so etwas nimmt einen doch sehr mit.

 

Weiterführende Informationen: Youtube-Link – Spiegelreportage

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